Salopp gesagt: Ja, der Bauch spricht mit Lunge, Leber, Herz, Hirn und den Gelenken.
Er ist durch das Mikrobiom mit allen Organen vernetzt. Dadurch ist das Mikrobiom ist ein starkes Regulierungsinstrument im gesamten Organismus.
Auf eine Zelle im menschlichen Körper kommen 1,3 Bakterien – sie sind also in der Überzahl. Das gesamte Mikrobiom bringt 150-mal mehr Gene zusammen als im menschlichen Genom vorhanden.
Wen wundert es also, dass die Bakterien, die uns besiedeln, ein starkes Wörtchen mitzureden haben? Sowohl bei Krankheit als auch bei Gesundheit? Es ist ja bekannt, dass Veränderungen im Darmmikrobiom zu vielfältigen Erkrankungen, wie chronische Entzündungen, Autoimmunerkrankungen oder auch der Tumorentstehung beitragen können.
Bakterien wollen leben. Wir wollen leben. Also braucht es Kommunikation.
Darüber hat ein Forscher*innenteam im Zusammenhang mit der Goethe-Universität in Frankfurt eine sehr interessante Arbeit veröffentlicht.
Wie findet sie also statt?
Darmbakterien wandern ja zum Glück nicht aus dem Darm aus.
Wie gelingt ihnen dann das netzwerken?
Sie verpacken offenbar ihre Stoffwechselprodukte in Vesikel mit einer Lipid-Doppelschicht-Membran aus der Außenhülle der Bakterien selbst. Dann gelangen diese befüllten Vesikel über die Blutbahn an die Organe und werden dort von den Zellen per Endozytose aufgenommen. Sie können sogar die Blut-Hirn-Schranke überwinden. In den Vesikeln befinden sich Enzyme, Proteine, Polysaccharide, Peptidoglycan oder auch RNA-Moleküle. Das Bakterium schickt also so ein Informationspaket auf den Weg durch die Blutbahn hin zum Zielorgan.
Die so transportierten Stoffwechselprodukte der Bakterien haben unter anderem folgende Funktionen:
- Reifung und Schulung der Immunzellen
- Steuerung der Erneuerung der Darmschleimhautzellen (durch direkten Kontakt der Vesikel an der Schleimhaut)
- Steuerung von Stoffwechselprozessen im Körper
Im Darm selbst werden die produzierten Stoffe sogar von den Stammzellen der Schleimhaut aufgenommen. Damit ist verbunden, dass sie dauerhaft die Darmschleimhaut verändern können.
Die Erforschung dieser Transportart könnten Folgen haben: Sowohl die Entwicklung von Impfstoffen könnte davon profitieren als auch eine verbesserte Medikamententherapie (Vesikel als intelligente Wirkstoffträger und gezielte Wirkstoffabgabe) erreicht werden. Ebenso ist der Einsatz von Biomarkern in der Krebsfrüherkennung denkbar.
Interessant ist übrigens auch, wie die Forscher diese Transportvorgänge sichtbar machen konnten:
die Original-Forschungsarbeit: